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Kampfsport/Kampfkunst Fitness – Fit mit Kung Fu?

Kampfsport/Kampfkunst Fitness– Fit mit Kung Fu?
Kung Fu als umfassendes Training der Fitness (Motorik)


Einleitung / Relevanz des Themas

Die verschiedenen Stile von Kampfsportarten/Kampfkünsten haben in der jüngsten Vergangenheit stetig an Popularität gewonnen. Publikationen, öffentliches Interesse und die Zahl der Aktiven steigen immer weiter an. Grund hierfür scheint mir zu sein, dass sie gemeinhin mit gesunder Bewegung und umfassender Fitness assoziiert werden. Dies liegt meines Erachtens nicht nur an effektheischenden Actionfilmen von Bruce Lee, Jackie Chan, Jet Li und weiteren Exponenten des Genres, sondern vielmehr an Trainingserfahrungen von Hunderttausenden von Aktiven und von unzähligen öffentlichen Darbietungen.

Sind Kampfsportarten und Kampfkunst ein sicherer und erfolgreicher Weg zu Körperbeherrschung, Körperwahrnehmung und ganzheitlichen motorischen Fähigkeiten ( und womöglich über den Körper hinaus auch für die Entwicklung des Geistes)? Sind Ganzheitlichkeit / Holistik in diesem Bereich nur Modebegriffe, oder können die Kampfkünste/Kampfsportarten diese Erwartungen erfüllen?

Fitness – Begriff, Definition, Terminologie

Der Begriff "Fitness" ist trotz verbreiteter Verwendung ein so unspezifischer Terminus, dass er in den Sport- und Trainingswissenschaften kaum als weiterführend verwendbar ist. Fitness oder Fitness und Gesundheit sind eher Ziele, die als durch einen stetigen Trainingsprozess erreichte allgemeine Leistungsfähigkeit in körperlicher und geistiger Hinsicht charakterisiert sind. Noch genereller sind die Bezeichnungen "Gesundheit" mitsamt seinen zunehmend über die WHO-Definition hinausgehenden Interpretationen und "Salutogenese", der alle Förderungen des Wohlergehens umfasst.

Eine spezifischerer und und damit zielführenderer Begriff als die vorhergehenden ist der Terminus "Motorik", der die motorischen Fähigkeiten

  • Kraft,
  • Beweglichkeit
  • Schnelligkeit
  • Ausdauer (Kondition)
  • Koordination

beinhaltet, weshalb diese Ausdifferenzierungen Gegenstand der folgenden Betrachtungen sind.

 

Kampfkünste/Kampfsportarten und Motorik

Die motorische Fähigkeit "Kraft" in ihren vielfältigen Ausprägungen Schnellkraft, Kraftausdauer, Maximalkraft ist ein essentielles Element in fast allen Kampfsportarten/Kampfkünsten. Mit maximaler Kraft zu schlagen, zu treten und dies audauernd und schnell – all das muss Trainingsziel für alle Kampfsportler sein. Und natürlich ist ein stabiles Zentrum, ein trainierter Rumpf eine Voraussetzung dafür, ohne dass man Modebegriffe wie "Coretraining" oder "Powerhouse" bemühen müsste.

In Bezug auf die motorische Fähigkeit "Beweglichkeit" schöpfen Kampfkünste das Bewegungsausmaß aller Gelenke voll aus und intendieren zumeist moderate Bewegungserweiterung.

Schnelligkeit genießt bei der technischen Schulung, bei Grundtechniken nicht immer Priorität, spätestens bei der Anwendung der Techniken und beim Sparring ist jedem Kampfkünstler bewusst, dass die Schnelligkeit/Explosivität seiner Techniken entscheidend ist.

Ausdauer (Kondition) benötigt ein Kampfkünstler in Bezug auf alle Körperpartien; Defizite in diesem Bereich möchte er nicht als kampfentscheidend erleben.

Die Fähigkeit der "Koordination" (Synonym: Gewandheit) beinhaltet in umfassender Weise Prozesse der Bewegungssteuerung und -regelung; sie setzt sich aus vielen Komponenten zusammen: Gleichgewichtsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit etc. Ohne eine detaillierte Anaalyse des Anforderungsprofils in Bezug auf Koordination: Gibt es jemanden, der die Leistungen eines Balletttänzers, eines Leistungs-Bodenturners oder eines Kung Fu-Meisters nicht als den Ausdruck von Perfektion und personifizierter Koordination einschätzt? All diese Bewegungskünstler gelten zu Recht als Inbegriff für Gewandheit und Körperbeherrschung.

Kung Fu bietet mehr als Fitness!

Für Kung Fu und die allermeisten Kampfsportarten/Kampfkünste gilt vielmehr, dass ihr Potenzial über umfassende Fitness weit hinausgeht. Neben einer Trainingsvielfalt wie in kaum einer anderen Bewegungskunst schulen sie technisch-taktische und psychologische Fähigkeiten und fördern soziale Kompetenzen.

Das Spektrum der Interaktionen mit Partnern/Gegnern reicht von realen Selbstverteidigungs-Situationen bis hin zum rücksichtsvollen Trainings-Sparring mit reinem Spaß am Vergleich der technischen Fähigkeiten. Die Palette der Körpererfahrungen reicht von hochintensivem Sandsacktraining, Zirkeltraining mit Kraft- und Audauerübungen bis hin zu Meditation, Atemübungen (Qi Gong) oder Taiji.

Traditionelle Kung Fu-Schulen vermitteln darüber hinaus Hintergründe, Philosophie und Wertvorstellungen einer Hochkultur, die die Lebenswege und Persönlichkeiten der Aktiven in beachtlichem Ausmaß zu kultivieren und bereichern vermögen.

 

Fazit, Quintessenz

Die eingangs gestellte Frage, ob Kampfkünste/Kampfsportarten im Allgemeinen und Kung Fu im Besonderen ein Fitnesstraining bieten können, muss wohl damit beantwortet werden, dass es kaum eine bessere Möglichkeit für ausgewogene, gesunde und umfassende Fitness gibt.

In den entwickelten Gesellschaften sind Bewegungsarmut und Ernährungsfehler auf dem Vormarsch und wir erleben deswegen eine epidemische und besorgniserregende Ausbreitung von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus, Herzkrankheiten, Adipositas, arterielle Hypertonie etc. Das Bedürfnis nach gesunder Fitness nimmt mit guten Gründen zu und ständig kreiert eine Industrie immer neue Fitness-Trends und preist sie mit viel Werbeaufwand als ultima ratio an.

Dabei sind Kampfkünste seit vielen Jahrhunderten ein bewährtes umfassendes Fitnesstraining. Sie bieten altbewährte Bewegungsprogramme, erprobte Trainingsinhalte, faszinieren und motivieren seit vielen Generationen unzählige Aktive zu lebenslangem Training. Und einige traditionelle Schulen verbinden die überlieferten Inhalte mit modernen Methoden der Trainingswissenschaften – eine unschlagbare Kombination.

 

 

Sifu Heek mit Kranich Kung Fu Fitnesstraining

Foto: Sifu Heek mit Kettlebells auf dem Pflaumenblütengerüst (Mui Far Jong) 


Meister Holger Heek (Physiotherapeut)

 

Meister Holger Heek (Sifu Hung Man Yung, Physiotherapeut) ist Gründer der Jing Wu Schule für Kung Fu, Fitness und Gesundheit in Köln. Er unterrichtet seit Jahrzehnten verschiedene traditionelle Kung Fu Stile als Schüler renommierter Großmeister aus Hong Kong.

mehr zum Thema Fitness und Gesundheit in der Jing Wu Schule Köln finden Sie hier

 

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